Millencolin - Interview

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interview II

 Mit Pennybridge Pioneers' haben Millencolin 2000 einen radikalen Schritt gemacht und sich von alten Ska-Tugenden abgewandt. Im Vorfeld ihres Berlin Konzertes hatten wir die Gelegenheit ein bisschen mit Nikola (Vocals & Bass) und Frederik (Drums) zu reden

 
Nikola (vocals & bass))Wie lief die Tour bis jetzt? Wo wart ihr überall?
Nikola: Die Tour läuft einfach großartig, jeder Abend ist ziemlich cool! Erst waren wir in den USA mit Vision und Osker einen Monat lang auf der Punk O Rama Tour unterwegs und vor Deutschland, haben wir schon fast den ganzen Rest von Europa betourt. Jetzt stehen noch drei, vier Gigs an und dann geht es erst mal wieder zurück nach Schweden.

Ihr spielt dieses Jahr ja eine Menge in den USA, erst die Punk O Rama Tour und im Sommer auch noch die komplette Warped Tour. Wie ist eurer Status da? Wollt ihr dort größer werden? Der Grund wieso ich frage ist der, ihr tourt dort insgesamt 2,5 Monate und in Deutschland gebt ihr dieses Jahr nur ganze 5 Konzerte.
Frederik: Es ist einfach ein großes Land! Die meisten Bands brauchen 6 Wochen für eine US Tour und wir haben es eben in 4 Wochen getan.
Nikola: Deutschland ist kleiner als Kalifornien und da haben wir nur ganze 2 Shows gespielt!
Frederik: Aber wir kommen nach der Warped Tour ja noch mal nach Deutschland und spielen die Hard Pop Days.

Wie ist es ein Teil einer so großen Produktion wie der Warped Tour in den USA zu sein?
Nikola: Es ist großartig. Wir haben die US-Warped Tour ja auch schon 97 mitgespielt und es war schon richtig cool und mittlerweile sind wir ja auch noch ein bisschen größer geworden und so werden wir dieses Jahr dort sicherlich auch noch vor ein paar mehr Leuten spielen, als 97. Und es ist auch schön, weil man bei einer so großen Tour natürlich auch einfach viele Leute mit seiner Musik erreichen kann.

Man hört hier immer, dass man es als ausländische Band in den USA ziemlich hart hat. Was für Erfahrungen habt ihr gemacht?
Nikola: Ich denke es ist gar nicht mal so die Frage, ob du aus den USA kommst oder nicht. Einerseits ist wichtig, dass du ein Label in den USA hast, dass dich gut supportet, so das du auch die Möglichkeit hast drüben zu touren. Andererseits musst du natürlich auch gute Songs haben, eine gute Band sein. Ich denke nicht, dass die Amis es als irgendetwas negatives sehen, dass wir nicht aus den Staaten kommen, ich denke sogar, dass es eher andersrum ist.

Ich hab gehört, dass ihr drüben sogar jemand eure Autogramme aufs Bein tätowieren musstet. Stimmt das?
Frederik: Ja, das ist richtig. Das war in St. Petersberg, Florida. Wir standen da an unserem Bus rum und da kam dann so ein Typ, dem ein Tattoostudio gehört, auf uns zu, hat uns in seinen Laden mitgenommen und dort haben wir dann sein Bein signiert. Das war wirklich Strange und lustig zugleich. Er ist wirklich ein sehr grosser Fan und netter Typ zugleich.

Kommen wir mal auf euer letztes Album ‚Pennybridge Pioneers zu sprechen. Euer Sound hat sich ja gewaltig (weiter)entwickelt, war das Absicht oder hat sich das einfach so ergeben?
Nikola: Jede Person wächst und entwickelt sich weiter und wir eben auch. Fortschritt, Entwicklung ist eine großartige Sache und es war wirklich wichtig für uns, dass unser neues Album anders klingt. Ich denke der Tag, an dem wir uns nicht mehr Weiterentwickeln können, an dem wir nichts mehr neues machen können, wird vermutlich der Tag sein, an dem wir aufhören werden.

Habt ihr das Gefühl das sich das Publikum mit der Musik verändert hat, da ihr jetzt auch viel mehr Airplay bekommt?
Nikola: Mmmh, ja, wir verkaufen mehr Albums jetzt, aber ich weiß nicht ob sich wirklich die Leute geändert haben. Ich glaube schon, dass es noch ungefähr die selben sind.

Frederik & Nikola beim InterviewGab es viele negative Reaktionen, von Leuten oder der Presse, die auf euch zukamen und gefragt haben, wieso ihr das Ska-Ding nicht mehr macht?
Nikola: Ja klar werden wir dauernd gefragt, wieso das Album nicht so klingt wie die davor, aber ich denke das die blödeste Frage die uns jemals gestellt wurde. So viele Leute haben gehofft ,dass das neue Album klingt wie eines der Alten, aber eine Band muss ab und zu einfach mal etwas neues machen. Wenn du zu deinem Sommerhaus gehst, erwartest du auch nicht, dass der Baum, den du irgendwann mal dort gepflanzt hast, jedes Jahr noch die gleiche Größe hat. Du geht's doch auch nicht hin und bist sauer, dass der Baum nach 10 Jahren nicht mehr gleich groß ist.
Frederik: Ich glaube auch, dass man ‚Pennybridge Pioneers' erst ein paar mal hören muss, bevor es einem gefällt.

Macht es euch noch Spaß die alten Songs zu spielen oder habt ihr schon langsam die Nase voll von ihnen?
Nikola: Wir haben sie jetzt sicherlich schon über 600 mal gespielt und auf manche habe ich sicherlich keine Lust mehr, aber wir spielen natürlich immer noch einige davon live.

Und spielt ihr die alten eher für euch oder nur für das Publikum?
Nikola: Da muss man sicherlich auch Kompromisse machen. Wenn man weiß, dass die Fans einen Song absolut lieben, spielen wir ihn auch und es ist dann auch nicht so, dass wir das total ungern machen, nur weil wir ihn eben schon so oft gespielt haben. Aber es ist einfach etwas anderes einen neuen Song zu spielen, weil er einfach frischer ist.

Was für einen Einfluss hatte Brett Gurewitz (Ex-Bad Religion, Chef von Epitaph), der euch produziert hat auf den Sound eures Albums?
Nikola: Wir haben ja in seinem Studio aufgenommen und er produziert dort ja schon seit Jahren Bands, deshalb kennt er sich dort natürlich aus wie kein Zweiter und weiß was er tun muss, um etwas gut klingen zu lassen. Er natürlich Vorschläge gemacht, wie man z.B. Drumbeat in dem einen oder anderen Song verändert könnte oder auf die Backgroundvokals hatte er großen Einfluss, aber in den Songs, in dem Sound der Songs hat er eigentlich nicht groß verändert. Das gute an Brett war, dass er uns sehr hart hat arbeiten lassen und es geschafft hat viel von uns selbst in das Album einzubringen. Ihm gebührt großer Dank.

Fregerik (drums) & Erik (guitar)Hatte der Umstand, dass ihr doch viel Zeit in den USA verbracht habt, Einfluss auf den Sound eures Albums, denn ihr klingt ja doch amerikanischer als je zuvor.
Nikola: Nein, überhaupt nicht. Es ist eigentlich so, dass wir vor diesem Album mehr Zeit in Schweden verbracht haben, als bei jedem Album zuvor. Wir hatten uns ja vor ‚Pennybridge Pioneers' eine Auszeit von über einem Jahr genommen. Ausserdem höre ich mittlerweile eigentlich auch viel weniger amerikanische Punkbands, als ich es früher, vor den anderen Albums, getan habe.
Frederik: Wir haben sicherlich auch nicht so viel Zeit drüben verbracht, wie viele Leute immer denken. Wir haben vielleicht schon sechs mal dort getourt, aber mindestens elf oder zwölf mal hier.

Den Song den ich wohl am meisten auf dem Album mag, ist wohl ‚The Ballad', der Song der eigentlich am wenigsten reinpasst. Wie kam es eigentlich zu den Lyrics, denn es geht ja um einen Außenseiter, einen Jungen der nicht viele Freunde hat. In dem Text behandelst du wohl kaum eigene Erfahrungen, oder?
Nikola: Meistens wenn ich Songs schreibe, dann sind da am Anfang ein paar Akkorde und ich singe irgendetwas dazu. Ich hatte also schon einige Worte und hab die Lyrics dann dazu/ außenrum geschrieben. Der Text hat sich einfach so entwickelt. Ich hatte eben diese paar Worte, hab sie mir durch den Kopf gehen lassen und dachte mir eben, dass dieser Song über einen Jungen handeln könnte, der eine harte Zeit in der Schule hatte. Es ist nichts, was auf einer bestimmten Story basiert, aber ich denke es gibt trotzdem viele Leute die sich mit dem Text identifizieren können.

Also schreibst du Texte nicht über Sachen die dir gerade im Kopf herum gehen, oder dir passiert sind.
Nikola: Einige Texte entstehen wie der von ‚The Ballad' und andere sind aber natürlich auch über Sachen, die mir passiert sind oder die mir im Kopf herum gehen. Es ist ein Mix von beiden. Der Text von ‚The Ballad' basiert ja auch auf etwas wahrem, aber nicht auf einer bestimmten Situation oder auf etwas was mir passiert ist.

Der andere Text zu dem ich mehr wissen wollte, ist der von ‚Material Boy'.
Nikola: Der Text zu ‚Material Boy' ist etwas von beiden zugleich. Ich habe versucht die Konsumgesellschaft in der wir leben, ein bisschen sarkastisch/ ironisch darzustellen, aber er handelt auch ein bisschen über mich, denn ich bin wie fast alle, auch ein Teil davon. Ich kaufe mir auch immer mehr Zeug, aber ich glaube sagen zu können, dass ich immer noch ein bisschen davor gewappnet bin und es bei mir noch nicht allzu schlimm ist.

MillencolinIch habe gehört das Pennybridge die Übersetzung für Örebro, eure Heimatstadt, ist. Was bedeutet der Titel genau? Seit ihr die einzigsten, die es sozusagen aus Örebro geschafft haben?
Nikola: Was der Titel für einen bedeutet, muss jeder selbst herausfinden/wissen. Er hat vermutlich für jeden eine andere Bedeutung. In einer bestimmten Art sind wir sicherlich Örebro Pioniere, mit dem was wir über die Jahre mit unserer Musik erreicht haben, aber in welche Richtung, bleibt dem Hörer überlassen.

Glaubt ihr, dass der alte Skatepunk, ein bisschen zum Ende kommt. Nicht nur ihr habt euch ziemlich weiterentwickelt, sondern z.B. auch die letzte NO USE FOR A NAME Platte ist viel langsamer und viel mehr Emo beeinflusst, oder auch FACE TO FACE haben sich ziemlich gewandelt. Glaubt ihr, dass im Moment eine bestimmte Entwicklung am laufen ist?
Nikola: Ich bin nicht zu sehr vertraut mit der Emo-Szene, falls es eine gibt. Aber nur weil man in einer Punkrock Band spielt, heißt nicht, dass du nicht auch von anderen Sachen beeinflusst wirst. Ich für meinen Teil höre nicht mehr so viel Punkrock. Natürlich höre ich immer noch in die neuen Platten rein, aber Punkrock inspiriert mich nicht mehr all zu sehr. Erik und ich, die ja die meisten Songs schreiben, werden mittlerweile ehre von Emo und Pop Bands beeinflusst.

Von wem zum Beispiel?
Nikola: SAMIAM, oder auch KENT eine schwedische Popband. Eigentlich alles was emotional, poppig, scratchy ist. Es sind so viele Bands, dass es eigentlich Blödsinn ist, nur ein paar auf zu zählen. Ich glaube viele Bands, wie wir oder eben NO USE FOR A NAME waren anfangs eben nur auf Punkrock fixiert und öffnen sich eben erst jetzt mehr gegenüber anderen Einflüssen.

Habt ihr schon eine Vorstellung was folgen wird, in welche Richtung es gehen wir?
Nikola: Nein, noch nicht richtig. Ich hoffe das wir uns mit unserem nächsten Album noch weiter entwickeln werden, aber ich habe noch keine Ahnung wie das aussehen wird.

Wir werden sehen, vielen Dank fürs Interview!

Kai, Tito & Jana für www.wasteofmind.de