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Interview mit Mathias und Erik vom 09.05.2000 |
Stagedive: Nun, es ist das vierte
Mal, dass ihr hier in der Schweiz spielt. Was denkt ihr über die
Schweiz, übers Schweizer Publikum?
Erik: Och, es ist wirklich ein tolles, aufgeschlossenes Publikum. Ich
bin sehr überrascht, wie viele Leute hier sind... Ansonsten gibt es
viele Parallelen zwischen der Schweiz und Schweden, dazu aber später
mehr...
Stagedive: War es nun der Wunsch des Managements oder der Wunsch der
Band, das Konzert vom «kleinen» Kofmehl in eine Turnhalle zu verlegen?
Mathias: Die beiden Konzerte im Kofmehl und der Remise waren schon vor
über zwei Monaten ausverkauft. Da liegt es doch auf der Hand, eine grössere
Location zu suchen « es bringt doch nichts, vor 400 Leuten zu spielen,
wenn 1300 Leute rein wollen! Aber sonst ist es schon so, dass uns das
Management einen Tour-Vorschlag mit allen Clubs unterbreitet. Sie
organisieren ja auch Anreise und alles drumherum...
Stagedive: Wenn ihr jetzt die 98-Tour mit der aktuellen Ausgabe
vergleicht, was sind so die grössten Unterschiede?
Erik: Unser Publikum hat sich sicherlich vergrössert, ich denke, dass
es sogar rund doppelt so viele sind, als 1998. Aber wir machen doch
unsere Sache auch gut, das neue Album hört sich doch auch gut an...
Stagedive: Was uns ein wenig überrascht ist das grosse Securitas
Aufgebot hier in Deitingen, ein Sicherheitsabstand zwischen Bühne und
Band, Rucksackkontrollen... Das ist doch kein Punkrock mehr, oder?
Erik: Grundsätzlich ziehen wir es vor, ohne Stagediver auf der Bühne
zu spielen « wir haben damit nämlich schon einige schlechte
Erfahrungen gemach: In Amsterdam beispielsweise, während dieser Tour,
stürmten die Freaks schon beim ersten Lied die Bühne. Dabei bekam ich
das Mikrofon ins Gesicht geknallt und blutete aus dem Mund. Deswegen
konnte ich kaum singen und es schmerzte auch ziemlich heftig.
Mathias: Schaut euch doch Nikolas Gebiss mal an. Ein Zick-Zack von Zähnen
« und alles nur, weil er schon öfters sein Mikrofon näher spürte,
als ihm lieb war... Schuld daran waren unachtsame Stagediver. Die haben
sogar einmal meinen brandneuen Verstärker zu Schrott gemacht, das
Konzert konnte ich nicht zu Ende spielen.
Erik: Das hat auch nichts mehr mit Punkrock zu tun. Es ist doch Blödsinn,
wenn Du Eintritt bezahlst und ich kann dann das Konzert gar nicht zu
Ende spielen... Ich bin sowieso ein Fan von kreisförmigen Bühnen,
welche in der Mitte des Raumes stehen « so wie sie in den Staaten fast
überall anzutreffen sind.
Stagedive: Diskutieren wir doch ein wenig über das neue Album: Ihr habt
lange daran gearbeitet, der Sound klingt ausgereifter, teils härter,
teils variantenreicher... «Pennybride and Pioneers» habt ihr zusammen
mit Brett Gurewitz aufgenommen, er spielt ja auch Gitarre... erzählt
doch mal:
Mathias: Ja, wir haben Brett angefragt und er war sofort bereit, das
neue Album mit uns aufzunehmen. Dan, der Produzent des vorherigen
Albums, hat soundtechnisch längst nicht soviel auf dem Kasten wie
Brett... Es ist uns wichtig, dass man das neue Album auch wirklich als
Abschluss einer Entwicklungsphase betrachtet. Wir haben sehr viel Zeit
in «Pennybride and Pioneers» investiert und ich denke, dass man das hört.
Stagedive: Wie steht es um den Erfolg in eurem Heimatland, in Schweden?
Mathias: Wir haben nun schon drei Jahre kein Konzert mehr in Schweden
gespielt. Es macht da auch nicht soviel Spass... Mit dem neuen Album
belegten wir den 3. Platz in der schwedischen Hitparade und sind noch
knapp 2000 Scheiben von einer Goldauszeichnung entfernt.
Erik: Schweden ist völlig trendorientiert. Trends kommen und gehen und
kommen und gehen. Es könnte auch sein, dass Punkrock schon morgen der
angesagteste Musikstil in Schweden ist.
Stagedive: Ist Millencolin kommerziell geworden?
Erik: Ach... wir spielen seit 1992 stets den gleichen Sound. Es hat sich
Schritt für Schritt so entwickelt 1995 traten wir zum ersten Mal in der
Remise auf. Ich glaube, viele, die uns damals gehört haben, sind heute
auch wieder dabei.
Mathias: Ich kann mir nicht erklären, wieso es Leute gibt, die sich
daran stören, wenn wir Werbung für unsere eigene Musik machen.
Letztendlich sind wir «kleine» Fische im Musikbusiness. Und es ist
eigentlich ja auch unser Beruf. Wir haben über die Jahre einige hundert
Konzerte gespielt, sind herumgereist mit und wegen unserer Musik. Das
soll sich auch in Zukunft nicht ändern...
Stagedive: Es ist ja nicht nur Millencolin, wovon man in letzter Zeit
viel gehört hat. Auch Blink182, Goldfinger, etc.... Ist Skatepunk immer
mehr ein Trend, immer mehr ein kommerzieller Musikstil?
Erik: Blink zum Beispiel spielen gute Musik, ja, «easy-listening»
halt. Es ist melodiös, nicht zu vergleichen mit Hardcore oder Death
Metal... Warum sollte ich Ricky Martin hören, wenn ich auch Blink182 hören
kann? Okay, wir würden wohl weder das eine noch das andere hören...
Stagedive: Welche Bands hört ihr dann am liebsten, werdet vielleicht
sogar davon inspieriert?
Mathias: In älteren Tagen war es vor allem Operation Ivy...
Erik: ...und Rancid. Rancid... Tim Armstrong ist wohl der beste
Songwriter in der ganzen Welt!
Stagedive: Welche Rolle spielen eure Texte? Gibt es irgendwas, was ihr
eurem Publikum unbedingt sagen wollt, irgendeine Grundsatz-Message,
vielleicht etwas Politisches?
Mathias: Politisches findet man in unseren Texten wohl kaum... Da sind
wir auch nicht aktiv und ich denke, dass es genügend Leute gibt, die da
mitmischen. Unsere Lyrics basieren eher auf Ereignissen aus dem persönlichen
Umfeld. In den letzten drei Jahren ist viel geschehen, wir hatten einige
Todesfälle in unseren Familien, auch Freunde... Es ist vielleicht mehr
der Wiedererkennungseffekt: Nikola schildert ein Erlebnis, jemand anders
erkennt vielleicht in Nikolas Worten seine eigene Geschichte. Es sind
Texte aus unseren Herzen...
Erik: Zum Teil wirklich sehr ernsthaft. Der Song «A-Ten» auf dem neuen
Album handelt von einem Mädchen, dessen Mutter an Krebs gestorben
ist... Natürlich besingen wir auch lustige Begebenheiten... Die Sache
mit dem Alter zum Beispiel... Mit Bouillon hat alles angefangen, auf der
nächsten Platte wird vielleicht ein Song «Twenty-Six» enthalten
sein...
Stagedive: Im Mai 1998 wart ihr zum letzten Mal hier in der Schweiz...
Was habt ihr in der Zwischenzeit so alles gemacht?
Mathias: ...viel Musik! Wir haben anschliessend an die letzte
Europa-Tournee in den Staaten gespielt, in Südamerika, Japan und
Australien. Nikola hat dann mehrere Semester studiert, wir alle
brauchten natürlich etwas Abwechslung. Frederik zum Beispiel reiste
noch eine ganze Weile alleine in der Weltgeschichte umher...
Erik: Wir haben weiter das Millencolin-Video produziert und die
Melancholy Collection zusammengestellt und veröffentlicht. In der
restlichen Zeit habe ich viele neue Tricks für «meinen» Skatepark in
Örebro aufgebaut und meine Skateboard-Künste weiter verbessert.
Stagedive: Besten Dank und go for punkrock!
chrigi für www.pitfire.net